Hier halte ich nachfolgend tagebuchartig fest, wie es mir in meinem Praktikum so ergeht.
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Adieu Du Berg, der Berge!
29. August: Mit Barbara im Alpstein. Jetzt wollte ich meiner Liebsten endlich mal richtige Berge präsentieren - in der Hoffnung sie möge meine Sehnsucht und meine
Liebe für das Gebirge verstehen - und da verhüllten sich die Bergspitzen in einem Hochnebel. Diese Dramatik, die es ja auch nur im Gebirge gibt, begeisterten Barbara
enttäuschten mich aber doch ein wenig. Um unseren Flachlandknochen die ersten Höhenmeter zu ersparen fuhren wir mit der Alp Sigel Bahn auf die Alp Sigel.
Das Alpdorf lag verlassen in der Landschaft und mit wenigen anderen Wander_innen durchstiegen wir den Alpstein über die Sigelwand zur obere Mans und hinunter zum Seealpsee.
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Am heutigen 29. August machte die Meldung die Runde die CVP Nationalratskandidatin Simone Curau-Aepli habe eines der rassistischen Wahlplakate der
SVP kreativ zum Aufruf für Wanderferien in der Schweiz umgestaltet und sich dann gleich des illegalen Aktes wegen selbst angezeigt.
Auf youtube kann die Aktion der Veränderung des Plakates angeguckt werden.
Wanderland Schweiz
Gut so, diese stürmerähnlichen SVP Plakate gehören allesamt überklebt
und verändert. Und die der FDP Schweiz gleich mit. Und für die, die das Plakat sehen wollen, hier ist es:
28. August: Bei schönstem Sommersonnenwetter schipperten wir über den Bodensee ins pittoreske Städtchen Meersburg. Das Fürstenhäusle als
Wohn- und Arbeitsort der Annette Droste Hülshoff hatte es uns angetan. Es ist wenig verwunderlich, dass diese schöne Aussicht auf Bodensee und Alpstein die Dichterin
zum Schreiben angeregt hatte. Die Zimmerchen waren Klein, der Ausblick dafür grandios. Und mit der Kleinheit der Schrift - Bleistift und Papier waren kostbar - steht die
Hülshoff dem Walser in nichts nach. Auch sie schrieb Mikrogramme....
Abends empfing uns Hedys Tochter Linde mit einem sehr leckeren Essen, vielen Dank für die liebevolle Bewirtung und den entspannt frühlichen Abend!
27. August: Bei Kathrin - eine Freundin aus meinen Fribourger Studienzeiten - und Claudia wurden wir mit überbackenem Geissenkäse auf Äpfel, Zanderfilet
auf Gemüsebeet und leckeren Profiterols verwöhnt. Erwähnt soll auch der "Tante Hedy Wy" aus Bernek werden.... Es war ein sehr, sehr schöner und inniger abend....
vielen Dank!
26. August: Heute ist Thereses Geburtstag, aber auch Friedas Geburtstagstag - ruhe sie in Frieden. Wir begehen den Tag nach meinem Praktikum mit der Erwanderung vom Robert
Walser Pfad und dem Film über Robert Walser und Carl Seelig DER VORMUND UND SEIN DICHTER von Percy Adlon. Jahrelang hatte ich nach diesem Film recherchiert
- zu gerne hätte ich ihn in unserem RegenbogenKino gezeigt - aber ich konnte ihn nicht auftreiben. Anlässlich des 4. Walsersommers konnten wir ihn aber nun endlich in Herisau sehen.
Und es hat sich mehr als gelohnt. Adlon ist ein sehr einfühlsames Porträt von Robert Walser gelungen und uns bereitete er damit einen cineastischen Genuss.
Ein Filmstill findet Ihr hier und zum Link von tv-Spielfilm geht es hier:
tv-Spielfilm
25. August: Heute kommt Barbara mich besuchen. Ich freue mich riesig auf sie!
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24. August: Wiesenfest in der Klinik. An diesem besonderen Tag kommen alle, die mit der Klinik verbunden sind und feiern mit Essen und Spielen. Ich komme nicht zum fotografieren,
weil ich eingespannt bin Leute fürs Fischen und Lassowerfen zu motivieren. Dazwischen Spiele ich mit den Patient_innen Wickinger Schach und sorge mit für deren und mein leibliche Wohl.
23. August: Ein Wiedersehen der besonderen Art stand heute an. Robert, ein Freund aus St.Gallerzeit, kommt dafür extra aus Zürich nach St. Gallen.
Mehr als 23 Jahre haben wir uns nicht mehr gesehen. Meine Befürchtungen, wir könnten uns am Bahnhof nicht erkennen, waren völlig überflüssig
und unbegründet. Wir hatten uns nicht nur sofort erkannt, sondern auch sofort wieder gut verstanden. Ich bin froh einen so netten Menschen wieder gefunden und getroffen
zu haben.
Gebrannt worden ist auch meine Tonkugel. Überhaupt habe ich durch Charlotte Walter, meine zweite Mentorin, bereichernde Nachhilfe im Tonhandwerk gewinnen dürfen.
Zusammen hatten wir an dünsten Tonschichten herumexperimentiert.
22. August: Bei unendlicher Hitze und einem wunderbaren Sommertag besteigen Marianna und ich den Schäfler, Von dort aus wollten wir ursprünglich den Säntis
erklimmen. Aber die Hitze und unser beider frühes Aufstehenmüssen am nächsten Tag bewog uns vom Schäfler auf den Mesmer abzusteigen und den Säntis Säntis
sein zu lassen. Auch so hatte ich tags drauf unendlichen Muskelkater. Aber der Tag war grandios. Das könnt Ihr auch an den Bildern selbst sehen....
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21. August: Ruhig angehen lassen wollte ich diesen Tag. Und ruhig und schön verlief er auch. Er begann mit einem leckeren Essen bei meiner Nichte Nadja
in ihrer neuen grossen schönen Wohnung im Westen der Stadt und endete mit dem doch mässig spannenden Schweizer Tatort..... Ich hoffe auf weitere und
bedaure, dass der Schweizer Kommissar Flückiger alias Gubser nicht weiter mit der Bodensee Kommissarin Blum alias Eva Mattes in der Bodenseeregion ermittelt.
Für alle, die noch nicht Tatort angefixt sind, hier der Link zum allsonntäglichen Abendspass auf dem ersten Deutschen Fernsehen ARD (übrigens, am besten zusammen mit Freund_innen und
einem Spaghettiessen.... ):
Hier geht's zum Tatort
20. August: Am Tag des St.Galler Stadtfestes feiert Therese ihren Geburtstag vor mit einer Tagesparty. Diese beginnt mit einem Spaziergang an der Sitter. Und da darf nun das Bild vom hübschen und lieben
Jaro nicht fehlen. Sie ging weiter mit einem grandiosen französichen Büffet und endete mit Daniel Schmieds Film ZWISCHENSAISON.
Salzgeber hat einen wunderschönen Porträtfilm über Daniel Schmid herausgebracht. Den Trailer findet Ihr hier:
Trailer von LE CHAT GUI PENSE
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16. August: In der thematischen Kunsttherapiesitzung mit der Psychotherapiestation wurde mal wieder deutlich, wie tief thematische Vorgaben führen können.
Anne Eggmann, meine eine Mentorin, hatte ausgeschnittene Bilder aus Zeitschriften vorbereitet. Jede Patientin / jeder Patient wählte sich eines aus und integrierte es zu einem eigenen
Bild. Es war verblüffend, wie nah die Patient_innen damit an ihre Probleme und Schwierigkeiten herankamen.
Die thematische Kunsttherapiesitzung der Suchtstation habe ich heute mit einer Innen-Aussen-Schachtel angeleitet. Auch hier wurden die Schachteln nachgerade zu perfekten
Selbstporträts.
Abends dann war ich einmal mehr zum sehr leckeren Essen bei meiner Freundin Hedy eingeladen. Ein herzliches Dankeschön für all die vielen bezaubernden Essen!
15. August: Schwüles Regenwetter hielt uns heute nicht davon ab, an den Bodensee zu fahren und die Sandskulpturen aufzusuchen, die am 20. August
in einem Wettbewerb prämiert werden sollen. Leider waren die Skulpteur_innen nicht bei der Arbeit, wir aber genossen den immer wieder durchbrechenden Sonnenschein am
Bodensee. Neu war mir, dass eine Sandskulptur wie ein Stein beschnitten wird also aus einem Sandblock heraus entsteht und nicht wie im Sandkasten aufgebaut wird. Neben den
eingeschalten Sandplastiken, erfreuten wir uns in der Rorschacher Badi an einem leckeren Salat und einer zauberhaften Aussicht. Eine tolle Idee, fanden
meine Mama und ich, dass die Essenssetts von Schulkindern gezeichnet worden sind. Und den Wanderwegweiser mitten über den See musste ich einfach fotografieren.
Es ist zwar nicht so, dass ich mich daran erinnern kann, wie ich im Winter 1963 über den zugefrorenen Bodensee geschoben worden bin. Aber meine Mama berichtete wieder lebhaft davon....
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14. August: Von Kirchlindach ging's heute nach Neuchâtel ins Centre Friedrich Dürrenmatt. Ein toller Bau von Mario Botta. Der war dann auch selbst anwesend.
Dennoch waren Marianna und ich ein wenig enttäuscht, dass wir dadurch nur wenige der Bilder von Dürrenmatt selbst sehen konnten. Obwohl das hatte es natürlich
eigentlich auch in sich. Eine Ausstellung über Mario Botta in einem Botta Haus mit ihm selbst drin....
Hier ein paar Impressionen.
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Leider waren auch die Räume von FD (Friedrich Dürrenmatt) nicht zu besichtigen. Das bemalte Klo also nur ein kleiner Einblick in seine Wandgestaltungen.
Zu seinen Zeichnungen selbst schrieb Dürrenmatt: "Meine Zeichnungen sind nicht Nebenarbeiten zu meinen literarischen Werken, sondern die gezeichneten und gemalten Schlachtfelder,
auf denen sich meine schriftstellerischen Kämpfe, Abenteur, Experimente und Niederlagen abspielen".
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Zurück ging es dann durch den wirklich bezaubernden Botanischen Garten von Neuenburg. Wo uns auch noch eine bezaubernde Ausstellung von Blüten- und Papierobjekten
von May-Lucy Süess erwartete.
hier geht es zur Künstlerin May-Lucy Süess
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13. August: Für heute stand der Besuch des Psychiatriemuseums Waldau an. Das ist die Klinik, in der Robert Walser, aber auch Adolf Wölfli und Friedrich Glauser waren.
Zuersteinmal war es ein Abenteuer diese Klinik und das Museum erst zu finden. Dann war ich quasi die einzige Besucherin, für die das Museum augeschlossen und belichtet wurde.
Walter Morgenthaler (1882 - 1965) befasste sich "in seiner Zeit als Psychiater in der Irren-, Heil- und Pflegeanstalt Waldau mit der Geschichte der Psychiatrie, mit damals neuen Behandlungskonzepten
im wohnlichen Rahmen der Anstalt und mit psychodiagnostischen Ansätzen zur Differenzierung von psychiatrischen Krankheitsbildern." (Ausstellungskatalog "Von Bildern als Spiegel der Seele")
Zusammen mit Prinzhorn leistete er Pionierarbeit indem er u.a. gestalterische Arbeiten von Patient_innen als wichtige Elemente für die psychiatrische Beurteilung von Krankheitsbildern
erachtete. Im Unterschied zur Prinzhornsammlung aber ist die Morgenthalersammlung nahezu wissenschaftlich unerschlossen und leider auch nicht für die Öffentlichkeit
zugänglich. Zwischen den folterähnlichen Methoden, die Morgenthaler abzuschaffen begann und der Kunst als diagnostisches Mittel scheinen Welten zu liegen.
Wie gut, dass es immer Menschen gab, wie Morgenthaler oder Prinzhorn, die neue Wege bestritten. Durch ein Maisfeld ging es in die Waldau...
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Zu meiner grossen Freud gab es noch eine Ausstellung mit Bildern von Hans Bloetzer und eine bezaubernde Installation ´von einem Bergfries von Rosmarie Bühlmann:
"Wo der Himmel endet"
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Zum Abend hin ging es über Bern weiter nach Kirchlindach zu Marianna und Othmar. Kirchlindach, wo ich meine schönen drei Monate als Artist in Residenz
in der Klinik Südhang verbracht habe.... Schöne Erinnerungen.
Hier aber das Bundeshaus in Bern.
12. August: Wieder ist eine Woche um. Ich habe den Eindruck, die Zeit rennt noch schneller, wenn man einen so erfüllten Berufsalltag hat. Es ist nun bereits Halbzeit in
meinem Praktikum. In der letzten Woche habe ich zum erstenmal eine Gruppensitzung geleitet und die lief sehr gut. Die Sätze von Robert Walser haben die Patient_innen der
Suchtstation angeregt und zu tollen Bildern motiviert.
Zum Einläuten des Wochenendes bin ich mit Therese in die Waldegg, einem Ausflugsrestaurant aus unserer Jugend, marschiert. Hier ein Bild des Klassenzimmers, das man für
Feierlichkeiten mieten kann.
09. August: Heute hatte ich zum ersten Mal die thematische Kunsttherapie auf der Suchtstation angeleitet. Sätze von Robert Walser dienten als Anknüpfungspunkt für
die Gestaltung.
Abends war ich bei Magdalena und Otmar zu einem feinen Essen und bereicherndem Austauschen eingeladen. Da erfuhr ich unter anderem, dass in St.Gallen schweizweit
das erste Behandlungszentrum für traumatisierte Flüchtlinge und Folteropfer eingerichtet worden ist. Überhaupt versorgt mich Othmar immer wieder mit
guten und wichtigen Informationen aus seinem Privatarchiv. Und mit Magdalena ergeben sich immer innige künstlerisch therapeutische Gespräche.
08. August: Den freien Montag nutze ich neben der Vorbereitung von Gruppentherapiesitzungen zum Besuch der Ausstellung von Brancusi und Serra in der Fondation Beyeler. Das Haus ist grossartig, die Ausstellung anregend
und in ihrer Zusammenstellung dieser zwei Künstler innovativ. Constantin Brancusi kannte ich bis anhin nicht, seine Reduktionen auf das Schlichteste und Wesenhafte
hat mich berührt und angeregt zum Skizzieren. Da man ja in Schweizer Museen nicht fotografieren darf, lichtete ich eben die gekauften Postkarten ab. Und von Serra stelle
ich einfach mein Bild aus St.Gallen ein. Denn wir in St.Gallen haben ja schon sehr lange einen echten Serra im Stadtpark stehen.
Hier die beiden Künstler:
Constantin Brancusi (1876 - 1957)
Richard Serra (*1939)
Es ist unglaublich, wie leicht diese tonnenschweren Stahlplastiken wirken....
Brancusis Kuss von 1908 und Brancusis schlafende Muse von 1910 und St.Gallens Serra und das schöne Gebäuder der Fondation Beyeler
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Es war ein sonnig warmer Tag, erst als ich im Zug sass, begann es wieder zu Regnen. Das bescherte mir auf der Heimreise einen Regenbogen, der mich begleitete und den
ich versuchte aus dem Zugfenster einzufangen. Da müssten viele Schätze vergraben sein, denn während fast zwei Stunden schoss der Bogen in die Erde...
07. August: Eigentlich wollte ich den Sonntag für die Meister aus Indien nutzen und ins Museum Rietberg nach Zürich fahren. Aber die Wandertour vom Samstag
hat mich dermassen geschlaucht, dass ich zuerst alle Vorhaben gestrichen hatte und nur ausschlafen wollte. Doch dann überkam mich die Lust auf Kunst doch noch und
zusammen mit meiner Mama sind wir ins Museum Oskar Reihart am Stadtgarten nach Winterthur gefahren. Wie tat das gut die Bergwelt von Hodler mal wieder zu sehen. Caspar David
Friedrichs Kreidefelsen von Rügen hatte ich grösser in Erinnerung. Es war aber wieder ein bezauberndes Erlebnis, das Bild wieder zu sehen. Leider fehlen Fotos, weil ich ja nicht
fotografieren durfte und ohne Netz kann ich auch keine Abbildungen finden.
Aber die hohe Kunst regte mich an, nachts noch ein wenig zu skizzieren. Alles keine Meisterwerke, aber schnelle spontane Skizzen aus der Nacht...
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06. August: Mein Bruder lud mich zum Wandern in den Alpstein - eine Revache für unsere Berlinertouren mit ihm und seiner Frau. Und die Tour im Alpstein hatte es
in sich. Eine klassisch einfache Rundwanderung hatte sich mein Bruder ausgedacht für mich. Da ich zwar gut zu Fuss, aber ohne Höhenmetertraining angetreten bin,
war's eine echt anspruchsvolle Wanderung für mich. Ich war ganz schön schlapp und meine Waden zwickten. Aber die Bilder zeigen dennoch, wie schön es war.
Der Alpstein ist echt bezaubernd und ich würde gerne noch mehr in ihm wandern. Von Brülisau ging's durchs Brühltobel zum Sämtisersee. von Dort zum Fählensee
und der Bollenwies. Dann auf einem anderen Weg zurück zum Sämtisersee und von Dort über den Ruhsitz zurück nach Brülisau. 6 Stunden, davon
5 wandernd, die Bilanz des Samstags. Hier die Bilder. Zu beachten: Es gibt die Kreuzberge im Alpstein, da fühlte ich mich gleich zweifach zuhause....
Auf der Strecke kamen wir an mehreren Ferienhütten vorbei. Und hoch über der Bollenwies liegt die Hundsteinhütte. Wann nur endlich werde ich zwei oder drei Tage
im Alpstein unterwegssein und in diesen Hütten nächtigen? Ich stelle mir die Abende und die Nächte in den Bergen so dunkel, ruhig und schön vor....
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05. August: Zum Schluss meiner zweiten Woche einmal mehr zwei Tafelbilder vom Herisauer Walser Pfad: Wie wahr!!
"Das wahre Gesundsein gipfelt in einem Sichwillkommenheissen"
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Meine zweite Woche ist um. Ich bin hundemüde vom frühen aufstehen. Morgenstund mag schon Gold im Mund haben, aber meine
müden verschlafenen Augen und meine noch müderen Beine können dieses Gold nicht schätzen, wenn früh um sechs, mich der Wecker aus
dem Tiefschlaf klingelt. Dagegen blinzelt mir auch hier in der Ostschweiz
der Mond güldene nächtliche Gedanken zu. Nein, ich bin und werde keine Lerche, ich bin und bleibe eine Eule!
Aber was solls, das Praktikum ist anregend, ich lerne und erlebe viel. Während der Kunsttherapie herrscht eine kreative Atmosphäre, die nicht nur mich
experimentieren lässt. Inspiriert von Walser und der kleinteiligen Appenzeller Landschaft komme ich zurück zu meinen Kleinstformaten und schraffiere Gartenlandschaften....
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03. August: Einige unken, heute sei der letzte schöne Tag für eine ganze Weile. Ich wills nicht glauben, wollen wir doch am Samstag im Alpstein
Wandern gehen. Sicherheitshalber halte ich das Alpsteinmassiv dennoch auf einem Foto fest. Wer weiss ob's was wird mit den Bergen?
01. August: Die Schweiz hat Geburtstag und ich bin so schlapp. Gut, als wir los wollten schüttete es, so dass wir zu hause blieben. Als dann die Sonne hervorkam und
aus dem Regentag einen Sommertag machte, war ich zu gemütlich eingerollt, als dass ich das Haus noch verlassen wollte.
Als Einstieg in den 1. August soll darum das gestrige Bild aus Aarau stehen....
31. Juli: Meine Mama und ich fahren heute nach Aarau ins Argauer Kunsthaus. Das Gebäude an sich ist schon beeindruckend. Ich schätze, es ist der erste
Herzog-De-Meuron-Bau, den ich in der Realität betreten habe. Schon schön, auch einige der Kunstwerke von der Genfer Künstlerin Mai-Thu Perret,
haben mir gefallen. Vor allem ihr kunsthistorisches Referenzsystem und Ihre künstlerische Position, als jemand, der sich von anderen anregen lasse, gefällt mir gut.
Auch dass sie kein bevorzugtes Medium nutzt, sondern mit allerhand unterschiedlichem Material experimentiert spricht mich an.
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Wenn schon von Ich und Nicht Ich die Rede ist, warum dann nicht mal wieder ein Selbsbild machen und Ich und mein Spiegelbild präsentieren?
30. Juli: Ich kritzle abends vor mich hin und die St.Galler Bus-Fahrschule erinnert mich daran, dass alles gelernt werden muss und Meister_innen nie vom Himmel fallen....
Ach ja, auch die St.Galler Palermo Ausstellung, die ich auf keinen Fall verpassen darf, ist mir Anlass für meine Kleinstformate - Walser lässt grüssen
29. Juli: Heute stiess ich in den Zeitungen auf zwei Bilder-Geschichten, die mir zumindest in der Tierwelt meine Skepsis und Bedenken bestätigten und
mich darin bestärken, anstelle von "Müttern" und "Vätern" konsequent von "primärer Bezugsperson" oder "primärer Bezugsfigur" zu sprechen, wenn eigentlich
nur deren Rolle gemeint ist.
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29. Juli 2011, meine erste Woche in der psychiatrischen
Klinik Herisau ist um. Mir schwirren Ohren und Augen von dem viel Erlebten. Eine gute Woche,
ein toller Einblick in die Praxis, den Alltag der Kunsttherapie. Ich habe tolle Menschen kennengelernt, beeindruckende Bilder entstehen sehen und durfte an manchen glücklichen
und einigen traurigen Momenten teilhaben. Herisau ist ein gutes Pflaster für mich und, ich denke, auch für die Patient_innen. Ihre Schicksale berühren und
begleiten mich, wie mich auch der ehemalige Patient Robert Walser begleitet.
Heute bin ich zum Auslüften des Kopfes und als Einstieg in mein Wochenende einen Teil des Walser Pfades abgelaufen. Trotz des kühlen Wetters kam ich beim
Aufstieg zu Walsers Todesort ins Schwitzen.
Ein paar Zitate des Spaziergängers und Denkers Walser, die mir auf diesem Weg begegneten und die mich ins Nachdenken brachten und mich berührt haben
sollen hier genügen:
"ich bin vergessne Welten
zu wandern auserlesen"
So wandere auch ich in vergessenen Welten meiner Jugend durch die Landschaft meiner Vergangenheit.
"Niemand ist berechtigt, sich gegenüber mir so zu benehmen, als kennte er mich"
Dieses Zitat, auf der abgebildeten Tafel hat mich elektrisiert und gefesselt. Ja, das ist es doch, wovor ich so oft Angst habe, dass man zu unrecht meint,
jemanden zu kennen.
"Wir bleiben doch alle Stümper
vor der Natur"
Als ob ein Beleg dafür nötig wär, hier ein Foto der Landschaft, durch die Walser so oft schritt und ich heute durchspaziert bin.
26. Juli 2011: mein erster Tag in der psychiatrischen Klinik Herisau. Die Klinik liegt ganz idyllisch, umgeben von schönem Appenzellerland und eigenen Ziegen und Eseln
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Beim Haus 1 befindet sich auch die erste Station des Robert Walser Pfades. Den möchte ich hier in den nächsten Wochen ein wenig vorstellen.
Hier die erste Tafel:
Eine Krankheit des "zu vielen Liebhabens", ein schöner Blick auf die verletzte Seele...
und ist Kunsttherapie nicht gerade ein Mittel und Weg, sich lernen selbst Willkommen zu heissen? Nach Robert Walser also ein Weg zum Gesunden.
24. Juli: Am Sonntag kam dann ab und zu die Sonne raus, ich nutzte den Morgen für ein erstes Joggen in meiner alten Heimat:
Als erstes sah ich einen Reiher, dann die Finnenbahn und wie ich die Welt nach dem Berglauf sah...
gut, dass es danach ein leckeres und währschaftes Essen bei meiner Schwester gab.
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Man sah an diesem Tag bis ans deutsche Ufer des Bodensees. Und ganz ganz weit dahinter kann ich zumindest Berlin erahnen...
am 22. Juli ging's vom regnerischen Berlin ins regnerische St.Gallen....
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Herisau, der Ort
wo Robert Walser viele Jahre seines Lebens verbracht hat, wird dieser Sommer mein Arbeitsort sein.
Einige seiner Spaziergänge, die der unermüdliche Wanderer Walser mit Carl Seelig gegangen ist, werde ich hoffentlich nach laufen - vielleicht komme ich
dadurch dem Hintergrund seiner mich seit langem faszinierenden Mikrogramme näher.
In losen Abständen werde ich hier von meinen Erfahrungen berichten.
Hier ein erstes seiner zahlreichen Mikrogramme, die der Suhrkamp Verlag sinnig mit "aus dem Bleistiftgebiet" bezeichnet.
Und hier geht's für alle Interessierte zur Webseite des psychiatrischen Zentrums Herisau Psychiatriezentrum Herisau